10 Tipps für bessere Langzeitbelichtungsaufnahmen
Mit der Langzeitbelichtungsfotografie kannst du dramatische, unwirkliche Bilder schaffen, die Bewegung über einen längeren Zeitraum festhalten. Von sanften Wasserfällen über Lichtspuren bis hin zu verträumten Meereslandschaften – das kreative Potenzial ist riesig, aber um es richtig auszureizen, braucht man mehr als nur eine lange Verschlusszeit.
In diesem Leitfaden stellen wir dir 10 wichtige Tipps vor, mit denen du deine Langzeitbelichtungsfotos verbessern kannst. Ganz gleich, ob du bei Nacht, bei Tageslicht oder irgendwo dazwischen fotografierst.
1. Ein Stativ ist ein Muss
Bei Langzeitbelichtungen ist es besonders wichtig, Verwackeln und Vibrieren der Kamera zu vermeiden. Selbst geringfügiges Verwackeln kann sich auf Belichtungen auswirken, die länger als 1/60 Sekunde dauern, und viele Langzeitbelichtungsaufnahmen dauern mehrere Minuten. Um die Kamera stabil zu halten, verwendest du ein stabiles Stativ oder stellst sie auf eine flache, feste Oberfläche. Wenn du bei Wind fotografierst, kannst du die Kamera oder das Stativ mit einem Gewicht (z. B. einem Sack Sand oder ungekochtem Reis) beschweren, um die Stabilität zu verbessern.
Extratipp: Auch das manuelle Drücken des Auslösers kann zu Vibrationen führen. Um dies zu vermeiden, verwendest du einen Kabelauslöser oder einen Fernauslöser. Wenn deine Kamera über integriertes Wi-Fi verfügt, kannst du sie wahlweise auch über eine Live-View-App mit einem Smartphone verbinden. Diese Apps bieten oft eine Fernauslöserfunktion, die einen separaten Kabelauslöser überflüssig macht. So hast du ohne Extrakosten mehr Kontrolle über deine Langzeitbelichtungen.
2. Nutze ND-Filter für Langzeitbelichtungsaufnahmen bei Tag
ND-Filter („Neutral Density Filter“ oder auch: Graufilter) sind dünne Glas- oder Kunststoffteile, die an der Vorderseite des Objektivs angebracht werden. Sie sollen das Licht davon abhalten, den Kamerasensor zu erreichen, und ermöglichen so deutlich längere Belichtungszeiten – eine wichtige Voraussetzung für die Langzeitfotografie. Diese Filter sind besonders bei Langzeitbelichtungen bei Tageslicht nützlich, da helles Sonnenlicht sonst lange Verschlusszeiten fast unmöglich macht.
ND-Filter reduzieren die einfallende Lichtmenge und geben dir so die Möglichkeit, bei Langzeitbelichtungen größere Blendenöffnungen zu verwenden. Allerdings sind nicht alle ND-Filter gleich. Filter von geringer Qualität können unerwünschte Effekte wie Bildverzerrungen, Vignettierung oder einen auffälligen Farbstich verursachen. Um die besten Ergebnisse bei deinen Aufnahmen zu erzielen, recherchierst du, welche Filter gut zu deiner Kamera passen, und investierst dann in einen hochwertigen Filter.
3. Volle Kontrolle: Fotografiere im manuellen oder Bulb-Modus
Viele Kameras bieten vorprogrammierte Modi, die Verschlusszeit und Blende automatisch einstellen. Diese Modi verlassen sich jedoch auch auf die automatische Belichtungsmessung, was bei Langzeitbelichtungen oft zu uneinheitlichen oder falschen Belichtungen führt.
Eine bessere Kontrolle und zuverlässigere Ergebnisse erzielst du, wenn du den manuellen Modus verwendest. In diesem Modus kannst du Verschlusszeit, Blende und ISO-Wert selbst einstellen. Wenn deine Langzeitbelichtung länger als 30 Sekunden dauert, verwendest du den Bulb-Modus. Im Bulb-Modus bleibt der Verschluss von dem Moment an geöffnet, in dem du den Auslöser drückst, bis du ihn wieder loslässt. Dadurch hast du die volle Kontrolle über längere Belichtungszeiten, was den Bulb-Modus ideal für Nachtaufnahmen, Sternenspuren und andere kreative Langzeitbelichtungen macht.
4. Maximal flexibel mit RAW
Das Aufnehmen von Fotos mit Langzeitbelichtung kann eine Herausforderung sein, vor allem, wenn man gerade erst anfängt. Die besten Erfolgsaussichten hast du, wenn du nicht im üblichen JPG-, sondern im RAW-Format fotografierst. In RAW-Dateien bleiben viel mehr Bilddaten erhalten, sodass du beim Nachbearbeiten mehr Möglichkeiten hast.
Wenn deine Langzeitbelichtung leicht über- oder unterbelichtet sein sollte, kannst du bei RAW-Dateien die Lichter wiederherstellen und die Schatten anpassen. Außerdem kannst du den Weißabgleich viel feiner ausführen. Im Gegensatz dazu kannst du bei JPEG-Aufnahmen die Belichtung nicht korrigieren oder technische Probleme beheben. Grund: Die Datei ist stärker komprimiert und enthält weniger Daten.
5. Visualisiere deine Komposition vor dem Fotografieren
Bevor du die Kameraeinstellungen vornimmst, solltest du dir die Szene, die du aufnehmen möchtest, in Ruhe vorstellen. Mach dann ein paar Testaufnahmen mit einer normalen Belichtung. So kannst du sicher sein, dass deine Komposition überzeugend ist. Das hilft dir, Zeit zu sparen, denn eine Langzeitbelichtung kann dauern. Denn: Es nervt doch sehr, wenn man minutenlang auf eine Belichtung wartet, und am Ende kommt ein langweiliges oder schlecht komponiertes Bild heraus.
Die Langzeitbelichtung funktioniert am besten, wenn sie den Kontrast zwischen Bewegung und Stillstand hervorhebt. Überlege dir also im Voraus, welche Bewegung du einfangen möchtest, sei es fließendes Wasser, Lichtspuren, vorbeiziehende Wolken oder sich bewegende Menschen. Danach bestimmst du die unbeweglichen Elemente in deiner Szene, also etwa Gebäude, Felsen oder Bäume. Das hilft, deine Komposition zu verankern und betont die Bewegung.
Testaufnahmen sind auch eine gute Gelegenheit, um den Fokus festzulegen. Da du wahrscheinlich in schwach beleuchteten Umgebungen arbeitest (z. B. in Nachtszenen, dunklen Studios oder bei Verwendung von Neutraldichtefiltern), kann es sein, dass der Autofokus deiner Kamera Probleme bekommt. Um eine Fehlfokussierung zu vermeiden, schaltest du auf manuelle Fokussierung um und stellst den Fokuspunkt sorgfältig ein, bevor du einen Filter aufschraubst.
6. Berechne deine Belichtungszeit genau
Je nach den Lichtverhältnissen und Farbtönen in deinem Motiv können die meisten Kameras eine korrekte Belichtung für Verschlusszeiten bis zu 30 Sekunden messen und berechnen. Wenn du jedoch eine Langzeitbelichtung von mehr als 30 Sekunden planst oder ND-Filter zur Lichtreduzierung verwendest, musst du deine Belichtungseinstellungen manuell berechnen.
Wenn dir das Rechnen zu lästig sein sollte, nimm einfach eine Tabelle der reziproken Belichtung mit zum Shooting. Eine solche Tabelle hilft dir, deine Grundbelichtung schnell in längere Verschlusszeiten umzurechnen, wenn du ND-Filter unterschiedlicher Stärke verwendest. Du kannst auch mobile Apps wie Exposure Calculator (verfügbar für iOS und Android) verwenden. Diese Apps führen die Berechnungen für dich durch und vereinfachen so den Prozess. Alle genannten Hilfsmittel sind eine nützliche Wahl, um genaue Einstellungen für die Langzeitbelichtung zu gewährleisten, sodass du nicht raten musst.
7. Nimm mit dem niedrigsten ISO-Wert auf, um Rauschen zu minimieren
Obwohl moderne Kameras auch bei höheren ISO-Einstellungen gute Ergebnisse erzielen können, kommt es bei Langzeitbelichtungsaufnahmen häufig zu Rauschen, insbesondere in den dunklen Bildbereichen. Um dies zu vermeiden, ist es am besten, mit dem niedrigstmöglichen ISO-Wert zu fotografieren, z. B. mit ISO 100 oder 200.
Viele Kameras bieten eine Funktion zur Rauschunterdrückung bei Langzeitbelichtungen. Diese Funktionen haben manchmal jedoch bei hohen ISO-Werten den Effekt, dass sie die Körnung eher verstärken als reduzieren. Das Rauschen kann zwar in der Nachbearbeitung behoben werden, aber wenn du mit einem sauberen Bild beginnst und einen niedrigen ISO-Wert verwendest, erzielst du wesentlich bessere Ergebnisse.
8. Nutze für Landschaftsaufnahmen einen Polarisationsfilter
Ein Polfilter ist ein weiteres nützliches Hilfsmittel für Langzeitbelichtungen, insbesondere bei Landschaftsaufnahmen. Ähnlich wie ein ND-Filter/Graufilter ist ein solcher Filter ein Stück Glas, das auf die Vorderseite des Objektivs geschraubt wird. Der Hauptzweck eines solchen Filters besteht nicht darin, Licht zu blockieren, aber er bietet trotzdem mehrere Vorteile, die deine Bilder verbessern können.
Polarisationsfilter reduzieren Blendeffekte und Reflexionen auf nassen oder glänzenden Oberflächen, vertiefen die Farben des Himmels und minimieren atmosphärischen Dunst. Das kann deine Kompositionen lebendiger und detaillierter wirken lassen. Da Polfilter das Bild leicht einfärben, können sie außerdem dazu beitragen, den Lichteinfall in das Objektiv zu reduzieren und etwas längere Verschlusszeiten zu ermöglichen.
Sie sind zwar kein Ersatz für ND-Filter, wenn es darum geht, eine große Menge an Licht zu blockieren, aber Polarisationsfilter können bei bestimmten Lichtverhältnissen ein oder zwei zusätzliche Blendenstufen für die Belichtungszeit bringen.
9. Decke den Sucher ab, um Streulicht zu vermeiden
Lichtlecks sind bei Standardbelichtungen eher selten, aber bei Langzeitbelichtungen können sie zu einem Problem werden. Licht kann durch den Sucher eindringen und Probleme wie Dunst oder unerwünschte Lichtreflexe im fertigen Bild verursachen. Selbst ein kleines Leck kann eine Langzeitbelichtung erheblich beeinträchtigen.
Vermeide es, den Sucher mit deinem Daumen abzudecken, da dies zu Kamerabewegungen führen kann. Am besten verwendest du stattdessen ein Stück Isolierklebeband oder eine spezielle Sucherkappe, um das Licht abzuschirmen. Um den Bildausschnitt auszuwählen, verwendest du den Live-View-Bildschirm deiner Kamera. Mit dieser Methode stellst du sicher, dass kein Streulicht die Ergebnisse deiner Langzeitbelichtung beeinträchtigt.
10. Behalte das Wetter im Auge, wenn du im Freien fotografierst
Bei Langzeitbelichtungsaufnahmen im Freien ist es wichtig, die Auswirkungen des Wetters auf die Bildkomposition und die benötigte Ausrüstung zu berücksichtigen. Am besten verwendest du zuverlässige Wetter-Apps wie AccuWeather, um die Vorhersage einige Tage im Voraus zu überprüfen. Diese Apps bieten oft stündliche Aktualisierungen für bestimmte Orte, damit du deine Aufnahmen besser planen kannst.
Wenn du dynamische Himmelsbewegungen einfangen möchtest, solltest du völlig klare Tage vermeiden, da an diesen Tagen weniger interessante Kompositionen entstehen. Teilweise bewölkte Bedingungen eignen sich oft am besten, vor allem, wenn die Wolken über das Bild ziehen. Aufnahmen bei Sonnenaufgang oder Sonnenuntergang, wenn die Sonne tief am Himmel steht, können den Kontrast verstärken. So verleihst du deinen langzeitbelichteten Bildern Wärme oder Dramatik.
Dein Weg zu besseren Langzeitbelichtungsfotos
Die Langzeitbelichtungsfotografie lohnt sich, denn sie kann gewöhnliche Szenen in außergewöhnliche visuelle Geschichten verwandeln. Wenn du die Verschlusszeit verlangsamst und Licht und Bewegung sorgfältig dosierst, kannst du Bilder kreieren, die Stimmung, Bewegung und Atmosphäre auf eine Weise einfangen, wie es bei Standardbelichtungen nicht möglich ist.
Erfolg durch Vorbereitung. Von der Auswahl der richtigen Ausrüstung bis zum Verständnis von Licht und Komposition. Nutze die Tipps in diesem Leitfaden, um dein Können zu verbessern! Mit beständigem Üben werden deine Fotos mit Langzeitbelichtung zu echten Highlights!
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Feature Shoot zeigt die Arbeiten aufstrebender und etablierter Fotografen aus der ganzen Welt und hebt diejenigen hervor, die das Medium durch überzeugende, innovative Projekte verändern. Mit Beiträgen von Autoren aus aller Welt.