Wildtierfotografie: Tipps und Tricks, die du kennen solltest
Wildlife-Fotografen setzen ihr Können seit Langem ein, um die natürliche Welt zu schützen und ihre Schönheit sichtbar zu machen. Ob sie seltene Arten dokumentieren oder die Auswirkungen menschlicher Aktivitäten zeigen, ihre Bilder können Bewusstsein schaffen und Veränderung anstoßen.
Heute, da die Wildtierfotografie zugänglicher ist als je zuvor, haben wir sechs erfahrene Fotografen gebeten, ihre wichtigsten Tipps zu teilen. Abseits der Jagd nach Likes oder viralen Momenten zeigen sie, wie du mit Feingefühl und Haltung fotografierst und Bilder schaffst, die wirken und in Erinnerung bleiben.
1. Tauch tief in ein Thema, einen Ort oder eine Art ein
Einer der wirkungsvollsten Tipps für die Wildtierfotografie ist, dich ganz auf ein einziges Motiv oder einen bestimmten Ort zu konzentrieren. Wenn du Zeit mit einer Art oder in einer bestimmten Umgebung verbringst, lernst du sie besser kennen und kannst dadurch intimere, ausdrucksstärkere Bilder einfangen.
Fotografie ist zutiefst persönlich und subjektiv. Wenn du wirklich für das brennst, was du tust, kommt der Erfolg von selbst. Je tiefer du in die Eigenheiten einer Landschaft oder eines Tiers eintauchst, desto intimer und spannender werden deine Aufnahmen.
Als ich angefangen habe, wollte ich bei jedem Ausflug unbedingt das Foto machen. Heute weiß ich, dass gute Aufnahmen Zeit und Hingabe brauchen und dass das Erlebnis in der Natur manchmal viel wertvoller ist als das eigentliche Bild. Tauch ein in dein Thema, dann wirst du gute Fotos machen. Das ist die wichtigste Erkenntnis aus fast 20 Jahren Naturfotografie.“
2. Bleib in deiner Umgebung
Nicht alle Tipps für Wildtierfotografie bedeuten, in ferne Länder zu reisen. Manche der besten Motive findest du vielleicht direkt vor deiner Haustür. Wenn du dich auf heimische Arten und Landschaften konzentrierst, hast du mehr Zugang, kannst länger beobachten und entwickelst ein tieferes Verständnis für dein Motiv.
„Such dir ein Motiv, das du in deiner Umgebung gern fotografierst“, sagt Naturfotograf Justin Gilligan, der sich auf Australiens Natur und ihren Schutz spezialisiert hat. „Das kann sogar eine bestimmte Insektenart in deinem eigenen Garten (genau dort!) sein oder ein Feuchtgebiet in der Nähe, das du leicht erreichen kannst. Je mehr Zeit du mit einem Motiv verbringst, desto besser lernst du es kennen und desto stärker werden deine Aufnahmen.
Ich glaube, es ist ein Fehler, viel Geld für Reisen an Orte auszugeben, die schon unzählige Tierfotografen besucht haben. Etwas wirklich Neues zu schaffen, wo schon jeder war, ist schwer. Deine Zeit ist besser investiert an einem Ort, der leicht zugänglich ist, irgendwo, wo du immer wieder hingehen und mit der Zeit sogar zum Spezialisten werden kannst.“
3. Greif nicht ins Verhalten der Tiere ein
Ethische Wildtierfotografie bedeutet, Tiere so aufzunehmen, dass ihr natürliches Verhalten ungestört bleibt. Ziel ist es, echte Momente festzuhalten, ohne zu beeinflussen, wie sich dein Motiv in seiner Umgebung verhält.
„Wenn ein Tier weiß, dass du da bist, beeinflusst das bereits sein Verhalten“, erklärt Wildpferd-Fotografin Debra Garside. „Es ist wichtig, dass Wildtierfotografen das verstehen, denn die Folgen dieses Drucks zeigen sich nicht immer sofort. Nur weil ein Tier deine Anwesenheit duldet, heißt das nicht, dass es damit einverstanden ist oder dass es gesund ist, wenn es sich daran gewöhnt.“
Wer diesem Prinzip folgt, kann eindrucksvolle Aufnahmen machen und gleichzeitig dafür sorgen, dass das Wohl der Tiere immer an erster Stelle steht.
4. Verzichte auf Köder
Verantwortungsvolle Wildtierfotografie bedeutet, das Wohl der Tiere immer über das perfekte Foto zu stellen. Alles, was sie absichtlich stört oder gefährdet, sollte tabu sein.
„Ich stelle das Wohlergehen der Tiere immer an erste Stelle und praktiziere Fotografie mit möglichst wenig Eingriffen“, sagt Naturfotografin Georgina Steytler. „Ich scheuche Tiere nie absichtlich auf und verwende keine Lockmittel wie das Abspielen von Rufen. Das kann für Vögel unnötigen Stress und Gefahr bedeuten, vor allem wenn sie dadurch ihr Nest verlassen oder ins offene Gelände gelockt werden. Ich bin auch strikt gegen den Einsatz von Lebendködern. Für ein gutes Foto sollte niemals ein anderes Tier in Gefahr gebracht werden.“
Wer auf Köder verzichtet und ethisch arbeitet, kann eindrucksvolle, authentische Bilder schaffen und die Natur dabei unberührt lassen.
5. Respektiere Lebensräume und halte dich an lokale Regeln
Wenn du Wildtiere fotografierst, denk daran: Du bist zu Gast im Zuhause der Tiere. Indem du die Regeln und Richtlinien in Schutzgebieten beachtest, schützt du nicht nur die Natur, sondern auch die Arten, die dort leben.
„Ich würde niemals eine Landschaft zerstören, indem ich in ein Schutzgebiet eindringe“, sagt Stefan Christmann. „Dasselbe gilt für Tiere. Ich könnte mich nie über ein Bild freuen, wenn ich dafür aktiv in die Natur eingreifen müsste. So ein Foto hätte für mich keinen Wert. Zu wissen, dass ich ein starkes Bild aufgenommen habe, einfach weil ich still und geduldig beobachtet habe … das ist ein unglaublich erfüllendes Gefühl.“
6. Achte auf deine Verschlusszeit
Zu den wichtigsten Praxistipps in der Wildtierfotografie gehört, die Verschlusszeit richtig zu beherrschen. Gerade bei schnellen Motiven, etwa Vögeln, ist das einer der häufigsten Stolpersteine in der Technik für Einsteiger.
„Eine zu lange Verschlusszeit ist der häufigste technische Fehler, den angehende Wildtierfotografen machen, besonders bei Vögeln“, erklärt Debra Garside. „Vögel sind zwar leicht zu finden, aber sie sind auch mit die schwierigsten Motive, also nichts, womit man anfangen sollte. Hab keine Angst, den ISO-Wert zu erhöhen, um eine schnellere Verschlusszeit auszugleichen. Mit den heutigen Bildbearbeitungsprogrammen bekommt man Rauschen ziemlich leicht in den Griff.“
Was die Kameramodi angeht: Ob manuell oder mit Blendenpriorität, beides kann gut funktionieren. Entscheidend ist, was dir das meiste Vertrauen gibt, scharfe, präzise Aufnahmen einzufangen.
7. Nutze das Licht der goldenen Stunde
Licht spielt in der Wildtierfotografie eine riesige Rolle. Es bestimmt Stimmung, Tiefe und die ganze Wirkung deiner Bilder. Für dynamischere Ergebnisse planst du deine Ausflüge am besten rund um das weiche Licht bei Sonnenaufgang und Sonnenuntergang.
„Der häufigste Fehler, den viele angehende Fotografen machen, ist, zur falschen Tageszeit rauszugehen“, sagt Georgina Steytler. „Oft versuchen sie, Tiere am späten Vormittag oder Nachmittag zu fotografieren, wenn das Licht grell und hart ist.
An bewölkten Tagen kannst du zu jeder Zeit fotografieren, sonst am besten während der goldenen Stunde, kurz nach Sonnenaufgang oder vor Sonnenuntergang. Das macht einen gewaltigen Unterschied für die Qualität deiner Bilder.“
Wer mit dem Licht der goldenen Stunde arbeitet, bringt Wärme, Tiefe und Atmosphäre in seine Aufnahmen, etwas, das die grelle Mittagssonne nie bieten kann.
8. Hab Geduld und bleib dran
Einer der wichtigsten Tipps in der Wildtierfotografie: Üb dich in Geduld. Erfolg kommt selten über Nacht. Starke Aufnahmen brauchen Zeit, Hingabe und Ausdauer.
„Du musst geduldig sein“, sagt der preisgekrönte Naturfotograf Ariel Fields. „Nur wer Geduld hat und wirklich dranbleibt, wird in diesem Bereich Erfolg haben. Verlier nicht den Mut oder die Begeisterung, die dich am Anfang angetrieben hat, denn Wildtierfotografie ist harte Arbeit! Du musst früh aufstehen und oft bis spät draußen bleiben. 95 % der Zeit wirst du scheitern, aber genau das macht dich am Ende besser.“
Geduld und Ausdauer helfen dir nicht nur, das Foto zu bekommen, sondern vertiefen auch deine Wertschätzung für das, was wirklich zählt: das Erlebnis draußen in der Natur.
9. Such nach dem Unerwarteten
Technik ist wichtig, aber die unvergesslichsten Wildtierfotos fangen meist etwas ein, das niemand erwartet. Ob seltenes Verhalten, eine ungewöhnliche Perspektive oder ein Moment in einer überraschenden Umgebung, genau diese kleinen Überraschungen lassen ein Bild hervorstechen.
„Das Überraschungsmoment ist entscheidend“, sagt Naturfotograf Justin Gilligan. „Die technischen Fähigkeiten, um Wildtiere bei gutem Licht festzuhalten, sind selbstverständlich. Aber ein wirklich besonderes Foto zeigt etwas, was das Publikum so noch nie gesehen hat. Das kann ein seltenes Tier sein, ein unerwartetes Verhalten oder einfach eine außergewöhnliche Szene. Sieh dir an, welche Bilder zu einem Thema schon existieren. Und dann geh einen Schritt weiter, schaff etwas Neues und Überraschendes, das die Aufmerksamkeit der Betrachter fesselt.“
10. Finde die Menschlichkeit in der Wildtierfotografie
Wildtierfotografie bedeutet nicht nur technisches Können, sie lebt auch von Empathie, Mitgefühl und echter Verbundenheit. Wenn du erkennst, wie alles Leben miteinander verbunden ist, kannst du Bilder schaffen, die dein Publikum wirklich berühren.
„Ich wünschte, mehr Wildtierfotografen wären sich des Geflechts des Lebens bewusst – dieser gegenseitigen Verbundenheit und Abhängigkeit aller Lebewesen“, sagt Wissenschaftler und Naturfotograf Jan van der Greef.
„Es ist wichtig, die Schönheit und Pracht der Natur zu zeigen, aber genauso wichtig ist es, den Menschen bewusstzumachen, dass wir Teil von ihr sind. Was immer wir der Natur antun, tun wir auch uns selbst an. Wenn wir dieses Einssein mit der Natur spüren, wollen wir sie schützen.
Ein großartiges Naturfoto zeigt für mich die Schönheit der Natur auf einzigartige Weise in einem einzigartigen Moment. Es überrascht dich jedes Mal aufs Neue. Viele angehende Naturfotografen denken zu viel nach und lassen zu, dass ihre innere Kritikerstimme ihre Kreativität blockiert. Dabei vergessen sie manchmal, sich ganz auf den Moment einzulassen und zu spüren, was die Situation ihnen bietet. Genau das ist das Wichtigste.“
11. Zeig die Schönheit und die Herausforderungen
Einer der wichtigsten Tipps in der Wildtierfotografie ist, die ganze Geschichte zu erzählen. Tiere und Landschaften sind zweifellos wunderschön, aber wer nur die schönen Momente zeigt, erzählt nicht die ganze Geschichte. Auch das Festhalten von Kämpfen, Verlusten und zerstörten Lebensräumen ist entscheidend, um Bewusstsein zu schaffen und Veränderung anzustoßen.
„Ich finde es frustrierend, dass nach den Buschbränden in Australien nicht mehr Naturfotografen hinausgehen und das Leben in den verbrannten Gebieten dokumentieren“, sagt Georgina Steytler. „Wir brauchen diese Bilder, um die Menschen an die Verwüstung zu erinnern, und um sicherzugehen, dass so etwas nie wieder passiert.“
Wenn du sowohl die schönen als auch die harten Seiten der Natur zeigst, kann deine Arbeit zu einem kraftvollen Werkzeug für Bewusstsein, Schutz und Veränderung werden.
12. Fotografiere aus Leidenschaft, nicht für Likes
Wildtierfotografie ist am stärksten, wenn sie aus echter Leidenschaft entsteht. Bilder, die mit Liebe und Neugier entstehen, haben eine bleibende Wirkung, während Fotos, die nur auf Anerkennung abzielen, oft blass bleiben.
„Viele Fotografen machen heute Bilder für die Likes in den sozialen Medien oder einfach, um ihrem Publikum zu gefallen“, sagt Ariel Fields. „Es ist wichtig, sich nicht zu sehr von Social Media beeinflussen zu lassen oder sich vorschreiben zu lassen, was man zeigen darf und was nicht. Bleib dir selbst treu und fotografiere, weil du es liebst.
Wenn du dich auf das konzentrierst, was dir wirklich am Herzen liegt, schaffst du authentische Aufnahmen, die inspirieren und Wissen weitergeben.
13. Lern selbst und gib dein Wissen weiter
Das Verhalten von Tieren zu verstehen, ist eine der wertvollsten Fähigkeiten, die du in der Wildtierfotografie entwickeln kannst. Muster, jahreszeitliche Veränderungen und Stresssignale unterscheiden sich je nach Art. Deshalb ist gute Recherche unverzichtbar, bevor du ins Feld gehst. Dieses Wissen verbessert nicht nur deine Fotos, sondern sorgt auch dafür, dass deine Arbeit wirklich etwas bewirkt.
„Gerade jetzt ist es wichtig, Geschichten über Wildtiere und ihre Lebensräume so zu erzählen, dass sie Menschen etwas beibringen“, sagt Stefan Christmann. „Als Wildtierfotograf arbeite ich auf der visuellen Ebene, aber ich schreibe auch. Sogar in meinem Instagram-Feed hat fast jedes Bild eine erklärende Zeile zum gezeigten Verhalten oder etwas Hintergrundinfos zur Situation.
Dies ist eine Möglichkeit, der Natur etwas zurückzugeben und meine Dankbarkeit zu zeigen. Ich habe z. B. unzählige magische Momente mit den Kaiserpinguinen in der Atka-Bucht erlebt, und es ist von größter Bedeutung, dass die Menschen über ihre Gefährdung aufgeklärt werden. Ich möchte die Botschaft verbreiten, dass wir alle mit kleinen Dingen etwas Großes bewirken und einen Unterschied machen können. Wir müssen es versuchen, jeder von uns.
Ich sehe jeden Tag unzählige wunderbare, künstlerische Aufnahmen, aber ohne eine fesselnde Geschichte dahinter bleiben sie einfach nur schön. Mich ziehen Fotoessays und Serien an, die mir etwas Neues zeigen. Etwas, das mich überrascht. Etwas, das mich wütend macht. Oder etwas, das mich zum Lächeln bringt.“
Wenn du starke Bilder mit Wissen verbindest, kann deine Wildtierfotografie Neugier und Bewusstsein wecken und letztlich zum Handeln inspirieren.
14. Gib der Tierwelt etwas zurück
Großartige Wildtierfotografie bedeutet mehr, als nur schöne Bilder festzuhalten. Sie bedeutet auch, die Tiere und Lebensräume zu unterstützen, die du fotografierst. Neben einem ethischen Umgang solltest du auch Wege suchen, mit deiner Arbeit aktiv zum Schutz der Natur beizutragen und Bewusstsein zu schaffen.
„Ein Teil meiner Workshops und viele meiner Kunstwerke kommen direkt Initiativen für den Schutz der Tierwelt zugute“, sagt Debra Garside.
Etwas zurückzugeben kann vieles heißen: einen Teil deiner Einnahmen zu spenden, dich ehrenamtlich in lokalen Projekten zu engagieren oder deine Reichweite zu nutzen, um auf Ausbeutung aufmerksam zu machen. Manchmal reicht es nicht, einfach keinen Schaden anzurichten. Du musst die Welt, die du fotografierst, auch aktiv unterstützen.
Fazit: Fotografiere mit Herz und Haltung
Gute Wildtierfotografie vereint technisches Können mit Empathie und Respekt für die Natur. Wenn du diese Tipps befolgst, wirst du Bilder schaffen, die über reine Schönheit hinausgehen. Aufnahmen, die Geschichten erzählen, Bewusstsein wecken und andere dazu inspirieren, sich für unseren gemeinsamen Planeten einzusetzen.
Über die Autor:innen
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